Hallo Jürgen,
so viele Fragen mit denen man sich erstmal auseinandersetzen muss, wenn man ernsthaft etwas antworten will - und schon nach 3 Tagen Zweifel, ob das hier das richtige Forum ist…
Na ja, meine Meinung zumindest zu dieser Frage behalte ich besser für mich..
Bevor ich loslege, erstmal Respekt, das Ganze ausdenken, umsetzen, verständlich dokumentieren.., Berechnung.. Hut ab!
Erfahrungen aus diversen Regatten auch mit Fockback-Lösungen und direkt angelenkten Bäumen bringen mich an vielen Stellen zu anderen Beurteilungen:
Aktuelle, normale Digitalservos drehen nicht knapp 90° sondern mit vergleichsweise (zum Servo hacken) einfacher Programmierung an Sender und / oder Servo 130 bis 140°. Ich habe das hier irgendwann mal mit Bildchen dargestellt und hoffe, mich noch richtig zu erinnern.
Das Weglassen des Flaschenzugs erfordert natürlich eine höhere Stellkraft, das kannst du ja nicht leugnen. Bei der relativ kleinen Fock verzichte ich auch darauf und lenke diese direkt an, natürlich deutlich weiter vorne am Baum als im Original, aber mit immer noch ca. 9 cm Abstand zum Drehpunkt.
Beim Groß ist mir das zu heikel. Wenn man nicht durch den Deckel will ist imho der Hebel viel zu kurz. Selbst bei einer MM treten da Kräfte auf, die in allen Umlenkungen erhebliche Reibungsverluste verursachen. Und die sind nicht etwa vergleichsweise kleiner, sondern absolut deutlich größer.
Der Einfluss von sich verändernden Schotlängen ist tatsächlich erheblich. Nach meiner Erfahrung aber in Richtung Schrumpfen und nicht Recken.
Zur Fockback Thematik: Es gibt mehrere Möglichkeiten so etwas umzusetzen. Die Umsetzung mit einem Zusatzservo ist in den meisten Klassen nicht erlaubt -bei MM Deutschland ja, bei MMi nein. Ich kenne zwei niederländische Segler, die mit einer anderen (MMi legalen) Fockback Steuerung so erfolgreich gesegelt sind, dass dort manche über ein Verbot dieser Lösung nachgedacht haben.
Vorteile von Fockback bei MM sind imho stabiler Schmetterling auch bei instabilen Verhältnissen und gelegentlich mal Freisegeln achteraus bei Kraut am Kiel. Vor allem letzteres kann u.U. einen riesigen Zeitunterschied ausmachen. Für beides reicht jedoch ein Öffnungswinkel der Fock von 45° nicht aus, man braucht schon eher ca. 90°. Deine Erfahrungen oder Vermutungen zu Vorteilen bei leichtem Wind oder im Feld an der Boje kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Davon müsste ich mich persönlich überzeugen. Beidrehen/Beiliegen zum Peilen, Kaffeetrinken, Sturm abwettern oder so hatte ich bisher auch noch nicht vermisst. Vor dem MM Regattastart macht das keinen Sinn, weil du da besser ständig in Bewegung und reaktionsfähig bleibst und vor allem, weil alle anderen das auch nicht machen
Wenn eine MM nicht wenden will, ist sie normalerweise falsch getrimmt, entweder Groß zu offen, aber fast immer Fock zu dicht. Wenn die Böe mal so stark ist, dass auch eine gut getrimmte MM nicht mehr in den Wind oder weiter will, wird eine backgezogene Fock imho eher das Boot anhalten als durch den Wind drehen. Aber das käme auf einen Versuch an. Genauso interessant wäre es zu sehen, wie die kurzen Hebelarme bei richtig viel Wind funktionieren. Ich glaube, du hast nicht mitgeteilt, welches Segelservo eingebaut ist.
Achso, die „einfache“ Fockback Lösung sieht so aus, dass eine zusätzliche Schot (ganz vorne Doppelschot außen um den Drehpunkt herum) vom Hebelarm an den Fockbaum in den Bereich vor dem Drehpunkt geführt wird, die dann kurz vor „ganz geöffnet“ den Fockbaum aufzieht.
Hast du mal überlegt, deinen Fockbaum seitenvertauscht weiter vorne anzusteuern, um von 45 auf annähernd 90° zu kommen? Für 45° würde ich die extra Technik nicht einbauen.
Du hast nach Meinungen gefragt: Ich finde, eine sehr gut und konsequent umgesetzte Idee, aber nicht das Ei des Kolumbus...
Grüße
Ralf